Gestern nachmittag ist der unscheinbare Artikel Search, plus Your World vom Inside Search Blog in meinem Feedreader gelandet. Ich musste beim Lesen echt aufpassen, dass mit die Kinnlade nicht runterfällt. Im Prinzip hat Google in Kürze vor, den Grundstein zur Integration vom sozialen Netzwerk Google+ in die Google Websuche zu legen. Nur um das Ausmaß mal kurz festzuhalten: Google+ hat zur Zeit ca. 40 Millionen Nutzer, Facebook etwa 800 Millionen. Die Google Websuche verarbeitet jeden Tag ca. eine Milliarde Suchanfragen!
„Search, plus Your World“ in Kürze vorgestellt
Search, plus Your World bezeichnet die Einführung drei neuer Google-Features, die die Integration der sozialen Komponente in der Websuche verstärken. Und mit „soziale Komponente“ ist bisher natürlich Google Plus gemeint. Es gibt drei Haupt-Features, die im Anschluss beschrieben werden. Diese werden in der nächsten Zeit auf google.com ausgerollt aber vermutlich relativ kurzzeitig auf weiteren, länderspezifischen Domains folgen. Mehr dazu unter http://www.google.com/insidesearch/plus.html. Aktivieren und deaktivieren lassen sich diese durch einen Button in der normalen Google-Suche, rechts neben dem Suchfeld (grüner Pfeil):
Wie immer gibt’s auch ein kleines Video von Google zu Search, plus Your World:
Personalisierte Suchergebnisse
Der Hintergrund von personalisierten Suchergebnissen besteht darin, dass Google die Ansicht vertritt, jeder Nutzer habe individuelle Bedürfnisse beim Suchen. Besonders auffällig ist dies bei extremen Short Head Queries (Geld, Finanzen, Auto, etc.) oder Wörtern mit mehreren Bedeutungen (Golf, Puma, etc.). Ohne weiteren Kontext ist es unmöglich zu wissen, was ein User als Antwort erwartet. Um dennoch passende Ergebnisse abliefern zu können, setzt Google schon seit einiger Zeit Algorithmen ein, die das historische Suchverhalten und einige Berührungspunkte im Social Web miteinfließen lassen.
Google geht jetzt aber noch einen Schritt weiter: Dein Privatleben soll nun ebenfalls Teil der Suchergebnisse werden. Dadurch können auch Suchresultate erscheinen, die nur für Dich persönlich von Bedeutung sind. Amit Singhal erklärt das an Hand einer kleinen Geschichte (sinngemäß übersetzt):
Als Kind war Chikoo meine Lieblingsfruchtsorte, weil er so süß und geschmackvoll ist. Als wir vor einigen Jahren unseren Familienhund bekamen, haben wir uns dazu entschlossen, unser süßes Welpen nach meiner Lieblingsfrucht zu benennen. Mit der Zeit haben wir privat viele Bilder von Chikoo (unserem Hund) mit unserer Familie geteilt. Für mich bedeutet die Suchanfrage [chikoo] zwei unterschiedliche Dinge und durch „Search, plus Your World“ kann ich nun beide bei Google finden.
Google Plus Profile in der Suche
Das Google Plus Profile in den Suchergebnissen auftauchen (und auch ziemlich gut ranken) ist kein Geheimnis. Google geht nun aber noch einen Schritt weiter und zeigt Personen, die ein Google Plus Profil haben und die Du kennst oder die „prominent“ sind, direkt als Vorschlag (Automcomplete bzw. Suggest) an. Das geschieht mit dem Hintergedanken, Dir eine möglichst schnelle und komfortable Möglichkeit zur Interaktion zu geben.
Was das für Celebrity-News-Seiten oder Personenensuchen bedeutet, kann sich wohl jeder selbst ausmalen, zumal ich mir gut vorstellen kann, dass Google hier noch nachbessern wird und auf Grund der vorhandenen Informationen über Dich auch Profile anzeigen wird, die Du kennen könntest oder die interessant für Dich sein könnten.
Google Plus: Personen und Seiten
Zu beliebten Suchanfragen, hinter denen Google einen Community-Gedanken vermutet, werden nun rechts neben den normalen Ergebnissen zusätzlich Ergebnisse von Google Plus Profilen und Fanseiten angezeigt. Von Facebook oder Twitter keine Spur, obwohl die eigentlich das gleiche Recht darauf hätten, an dieser Stelle verlinkt zu werden…
Auswirkungen der „Search, plus Your World“-Super-Personalisierung: Next Generation of Search
In meinen Augen startet Google mit Search, plus Your World den Versuch, die Websuche und das soziale Netzwerk zu vereinen – das finde ich ziemlich krass. Es wird schon seit geraumer Zeit vermutet, dass die traditionelle Websuche in ihrer bisherigen Art und Weise in Zukunft nicht mehr existieren wird und die „soziale“ Suche wurde (neben der semantischen Suche) als ein möglicher Nachfolger auserkoren. Klar, wenn ich jemanden kenne, der Experte auf seinem Gebiet ist, dann gebe ich auf dessen persönlichen Rat natürlich mehr als auf das, was beispielsweise in einem x-beliebigen Forum oder Blog steht.
„Search, plus Your World“ ist also der unglaublich smarte Move, die bisherige, weltweit führende Websuche um eine „echte“soziale Suche zu ergänzen. Statt „auszusterben“ will Google sein bisheriges Top-Produkt „transformieren“ und damit den nächsten Standard der Websuche setzen. Natürlich ergibt sich daraus gleichzeitig noch die brillante Symbiose mit Google+, das im gleichen Maße davon profitiert: Je stärker und einfacher die Integration der beiden Dienste ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die User beide Dienste in Anspruch nehmen – und das kommt momentan natürlich vor allem Google+ zu Gute.
Natürlich besteht weiterhin die Problematik, dass sich ein User zunächst einmal bei Google Plus anmelden muss, um auf dieses Feature Zugriff zu haben. Aber ich habe das Gefühl, dass sich Google auch hier noch etwas einfallen lassen wird.
Warum ich „Search, plus Your World“ für wettbewerbsrechtlich bedenklich halte
Sehen wir mal davon ab, dass Google es tatsächlich schaffen könnte, die Websuche signifikant zu verändern – quasi auf das nächste Level zu heben – und wenden uns stattdessen der Methodik zu, wie dies Geschehen soll. Nach außen hin ist es natürlich leicht zu vertreten, dass Google nur Daten von Google Plus verwendet: Über die Daten anderer sozialer Netzwerke haben sie weder Kontrolle noch können sie uneingeschränkt darauf zugreifen. Aber damit zu rechtfertigen, dass Google Plus derart stark und prominent in die Websuche integriert wird, halte ich schon für sehr stark bedenklich. Man erinnere sich an Microsoft und die standardmäßige Installation des Internet-Explorers. Besonders die vorgestellte Integration von Personen und Seiten finde ich extrem krass. Da wird einfach mal Platz für ein neues Vertical geschaffen, das allein für Google Plus Inhalte reserviert ist…
Etwas mildernd wirkt allerdings die Tatsache, dass Google klare und deutlich sichtbare Opt-Out-Möglichkeiten anbietet.
Zusammenfassung: „Search, plus Your World“
Zum Schluss noch einmal eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zu Search, plus Your World – Google geht in die Social-Offensive: WOW! für alle, denen 1000 Wörter zu viel sind 😉
- Google rollt in der nächsten Zeit auf google.com drei Änderungen aus, die Google Plus stärker in die organischen Suchergebnisse integrieren:
- Personal Search – sorgt dafür, dass die SERPs nicht nur personalisiert sondern tatsächlich persönlich sind
- Profiles in Search – integriert Google Plus Kontakte und „Google Plus Prominente“ in den Suggest-Vorschlägen
- People and Pages – integriert Google Plus Profile und Seiten als zusätzliche Einblendung in den SERPs
- Meine Meinung: sehr intelligente Schachzug und vielleicht der Grundstein für die nächste Generation der Websuche, aber in der Umsetzung wettbewerbsrechtlich stark bedenklich
Weitere Informationen zu „Search, plus Your World“
- Neuer Algorithmus – Google sucht dich
- Google’s Results Get More Personal With “Search Plus Your World”
- Google wird persönlicher
- Google – Search, plus Your World
- Social, social und nochmals social: “Search, plus Your World”
- Google bringt “Google Search – plus Your World” und personalisiert die Suche mit Google+ Ergebnissen
- Suche in deiner Welt
- Search, plus Your World – aus SEO-Sicht
Eure Meinung? Share it all, the good, the bad and the ugly 🙂
Hallo,
super Beitrag! Mal sehen, ob/wie sich die Trafficzahlen ändern, wenn das Feature auch hierzulande freigeschaltet wird…
Grüße
Gretus
Hi Pascal,
also wettbewerbstechnisch sehe ich eigentlich keine Probleme. Wenn Twitter und Facebook ihre Daten zur Verfügung stellen würden, wären sie wohl gleichberechtigt. Wer aber alles und jeden mit nofollow taggt und damit explizit darum bittet, nicht von Google indiziert zu werden, sollte später nicht weinen, wenn er nicht mehr mitspielen darf.
mfG
Marc
Hey Marc,
daran hab ich auch schon gedacht, aber meiner Meinung nach kann Google das nicht wirklich als Legitimation dafür nehmen, dass sie Zugriff auf sämtliche Daten bekommen. Das grenzt ja schon an Erpressung („Gebt mir eure Daten oder ihr habt Wettbewersnachteile“) und Google sollte bestrebt sein, die besten Daten für den User zu liefern. FB Pages sind im Index und ranken gut – es gibt keinen Grund die nicht ebenfalls anzuzeigen.
Das ist nun wirklich ein hartes Stück von Google – aber war abzusehen. Auf der einen Seite ist es ja eigentlich gut und praktisch für mich als User, wenn ich bessere Suchergebnisse gelistet bekomme und so schneller mein Ergebnis finde. Jedoch ist die Verwendung der sozialen Daten wirklich bedenklich. Ohne geht es nunmal nicht..
Hier sieht man mal wieder, dass wir uns gar nicht mehr fragen müssen, ob wir Google+ und all dies Zeug möchten, sondern vielmehr, wie wir nun damit Leben… Hoffen wir einfach stark, dass unsere Datenschützer (*räusper) sich die Sache genau anschauen…
Nun ja, teilweise stimme ich Dir zu, teilweise eben nicht.
Ich finde die vorgegebene Richtung prinzipiell gut. Mir geht das allerdings nicht weit genug. Sicherlich ist es richtig, dass Google derzeit über „People an Pages on Google+“ nur die eigenen Dienste promotet. Allerdings würde ich an Googles Stelle im Vorfeld eines Relaunchs auch nicht das Risiko eingehen, dass irgendwer mich abmahnt weil ich da auch „People and Pages on Facebook“ hinschreibe. Auch würde ich meine strategisch wichtigen Vorhaben vor dem Roll-Out nicht zum Gegenstand von Verhandlungen mit Wettbewerbern machen. Warten wir die nächsten Monate ab.
Und was das Wettbewerbsrecht betrifft: Ich brauche 10 Sekunden, in meinen Browsern andere Suchmaschinen als Standard zu definieren. Und da habe ich reichlich Auswahl. Und wenn genug Nutzer das machen, geht es Google so, wie es Yahoo gegangen ist. Und solange das so ist, haben kartellrechtliche Verfahren keine Chance.
Mein Privatleben soll in die Suche einfließen? Ich finde das klingt eher wie eine Drohung 😀
So lange die An- und Ausschaltfunktion beibehalten wird geht das aber in Ordnung, ohne sie würde man sich über kurz oder lang im Kreis drehen, da man als Ergebnisse ja vorwiegend findet womit man sich bereits beschäftigt hat…
Konnte man sich schon denken, dass so etwas kommt. Solange die Suchergebnisse selbst nicht irgendwie beeinflusst werden, bezweifle ich, dass die dafür abgemahnt werden. Und solange man es an- und ausschalten kann, glaube ich, dass auch sonst niemand damit ein Problem haben wird.
Sauber, der Text – und DANKE dafür.
Nich so sauber, was google da vor hat, eher Sau Bär !
Ich lebe eher noch im letzten Jahrtausend (Kommunikation über eMail, nix Faceshit und Co.), aber ICH LEBE!
Werde wohl mal eine andere Suchmaschine testen, das geht mir alles zuweit.
Ich mach in kölnisch Wasser: verduften …
Bezgl der Wettbewerbsbedenken ist Google glaube ich nicht in Gefahr. Man mann nicht behaupten das G+ eine marktbeherschende Stellung hat (im vgl. zu FB). Das war bei Windows und dem IE (damals) anders.
Trotzdem ist mir bei der ganzen Sache nicht ganz wohl.
Denkst du das erreicht auch bald Deutschland? Welche Änderungen würde es in den Serps ergeben bzw. Traffictechnisch, wenn man kaum Freunde @G+ hat?
Für uns wird die Arbeit noch komplexer. Klingt ein bisschen, als würde mit den Plänen das Empfehlungsmarketing noch wichtiger.
Tja, das wieder mal „Tante Google“ von ihrer besten Seite… Trotzdem bin ich immer noch der Meinung, jeder entscheidet selbst was im Netz von sich zu finden ist. Also von daher mit Vorsicht und Plan im Netz bewegen. Und das sollte man auch in der Schule eigentlich schon lernen…
…ob’s euch / uns gefällt oder nicht:
So wird es kommen…